Die SelbstkommerInnen

Die SelbstkommerInnen

Nein, liebe Leserinnen und Leser, es handelt sich nicht um einen Text zum Thema Onanie, wo viele ja selbst kommen

sondern um eine der vielen originellen Wortschöpfungen im Zusammenhang von „politischer Korrektness“, neudeutsch: political correctness.

Vor einigen Tagen habe ich in einer Zeitung gelesen, dass mit diesem Ausdruck Menschen benannt werden, die selbst kommen — und zwar ins Spital, nicht im Spital. Letztere soll es auch geben, angeblich gerne während des nächtlichen Bereitschaftsdienstes, aber dann meistens in Gesellschaft, daher werden sie intern schlicht als „KommerInnen“ bezeichnet.

SelbstkommerInnen kommen allerdings schlicht ohne Rettungsfahrzeug ins Spital und werden dort mittels eines Formulars als solche erfasst. Das ist wichtig für die Statistik, aber auch literarisch hoch interessant.

Ist schon der Ausdruck „Selbstkommer“ ein Wortungetüm, das nur von Bürokraten erfunden werden kann, kommt nun noch das Binnen-I (Achtung, Doppel-N und kurzes i, sonst würden wir von Bienen reden!) dazu, offenbar eine Schöpfung von BürokratInnen, auch Bürokrat/innen oder Bürokrat_innen genannt.

Kein Wunder, dass in dieser kreativen literarischen Phase auch das österreichische Normungsinstitut, neudeutsch, also englisch „Austrian Standards“ genannt, sich dem Thema widmet. (Warum ein Verein, der sich österreichischen Standards widmet, nun eine englische Bezeichnung hat, ist eine weitere Frage, die nur Eingeweihte beantworten kompetent können.)

Das Institut hat sich in einem Entwurf zur Önorm A 1080 dafür ausgesprochen, das Binnen-I nicht zu empfehlen.

„Es ist durch keine Rechtschreibregelung gerechtfertigt und daher zu vermeiden“, heißt es im Text. Auch die beliebten Zusätze -in und -a nach Doktor und Magister fanden die Herren (und Damen?) regelwidrig. Sogar die „Gästin“ wurde als irgendwie seltsam angesehen.

Dabei klingt es doch ausgesprochen (genau!) sehr melodiös, Menschen, die ins Hotel kommen, mit lieber Gast und liebe Gästin zu empfangen.

Wir EmpörerInnen

Kein Wunder, dass — eher unbemerkt von der Öffentlichkeit — auf diese Empfehlung eine heftige Diskussion entbrannte. 1.400 Stellungnahmen kamen beim Önorm-Verein an, der zu der wichtigen Sache ein eigenes Komitee („Büroorganisation und schriftliche Kommunikation”)  gebildet hatte.

Die Leiterin (ja, eine Frau!) verteidigte ihre Position, worauf das Komitee aufgelöst und ein „Dialogforum“ eingerichtet wurde.

Die „Wiener Zeitung“ vermutete, dass es die Angst des Mannes sei, die ihn gegen das Binnen-I auftreten lasse, dieses Mal in Form einer Frau, also der Komitee-Leiterin. Aber so sind sie halt, die Männer! Sie schrecken vor nichts zurück, nicht einnmal vor einer Frau.

Kurt Tucholsky hat im Zusammenhang mit seiner „Soziologischen Psychologie der Löcher“ gemeint: „Meine Sorgen möcht‘ ich haben.“

Dem ist nichts hinzuzufügen.

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